Zonta says NO zur ritualisierten Gewalt gegen Frauen…
… und zeigt den Film „Wüstenblume“ mit anschließender Podiumsdiskussion
Seit 1996 kämpft Zonta International mit seinem internationalen Programm ZISVAW (Zonta International Strategies to end Violence Against Women.) dafür, Gewalt gegen Mädchen und Frauen zu beenden. In den Jahren 2012-2014 werden mit mehr als 3 Mio. Dollar entsprechende Service-Projekte finanziert. Mit der Kampagne „Zonta says NO“, die am 25. November 2013, dem von den Vereinten Nationen initiierten „Welttag zur Beseitigung von Gewalt an Frauen“, ihren Höhepunkt hat, will Zonta International seine Advocacy-Arbeit, d.h. seine Anstrengungen, die Gewalt gegen Frauen zu verhindern bzw. deren gesundheitliche Folgen zu lindern und somit die Eingliederung und Akzeptanz der betroffenen Frauen in die Gesellschaft zu ermöglichen, der Öffentlichkeit gegenüber sichtbar machen. Aufgerufen sind weltweit über 30.000 Zontian in 65 Ländern.
Auch unser Zonta Club Frankfurt II Rhein-Main hat sich an dieser PR-Kampagne beteiligt und bereits am 4. November 2013 zu einer Vorführung des Films „Wüstenblume“ mit einer anschließenden Podiumsdiskussion ins Deutsche Filmmuseum Frankfurt am Main eingeladen. Unsere Präsidentin Renate von Köller konnte ein „volles Haus“ begrüßen (s. dazu untenstehenden Anhang). Zonta-Funktionsträgerinnen und zahlreiche Zonta-Frauen aus den benachbarten Clubs haben durch ihre Anwesenheit die große Bedeutung von „Zonta says NO“ unterstrichen. Und die Tatsache, dass so viele Gäste den Weg ins Filmmuseum gefunden haben, zeigt, dass das Thema „Weibliche Genitalverstümmelung (FGM: Female Genital Mutilation) in der Öffentlichkeit angekommen ist.
Der Film basiert auf dem gleichnamigen autobiografischen Roman von Waris Dirie, die als Nomadenmädchen in der Wüste Somalias aufwuchs und im Alter von fünf Jahren beschnitten wurde. Mit 13 Jahren floh sie vor einer Zwangsverheiratung mit einem wesentlich älteren Mann nach Mogadischu und wurde Jahre später – von einem Starfotografen entdeckt – zu einem der erfolgreichsten Models der Welt. Doch bei allem Erfolg belastet Waris, dass sie als kleines Mädchen Opfer der grausamen Tradition der Genitalverstümmelung wurde. Sie beschließt auf dem Höhepunkt ihrer Karriere, ihr jahrelanges Schweigen zu brechen. Seit 1994 ist sie UN-Sonderbotschafterin im Kampf gegen diese Folter; 2002 gründete sie eine eigene Stiftung, die Waris-Dirie-Foundation, mit dem Ziel, „die Debatte um die Beschneidung in den ersten Rang der Themen zu stellen, über die man spricht“. Sie leidet noch heute an den Folgen ihrer Beschneidung – körperlich und seelisch.
Aktueller Hintergrund:
Kürzlich stellte das Deutsche Ärzteblatt das Ergebnis des aktuellen UNICEF-Berichts zum Thema „Genitalverstümmelung“ vor. Danach werden Mädchen in den am stärksten betroffenen Ländern heute deutlich seltener Opfer von Genitalverstümmelung als noch ihre Mütter. Dennoch geht der Wandel in vielen Regionen nur langsam voran. So sind dem Bericht zufolge weiterhin jährlich drei Millionen Mädchen in Gefahr, an ihren Genitalien beschnitten zu werden. Weltweit müssen rund 125 Millionen Mädchen und Frauen mit den Folgen der Beschneidung leben. Die aktuelle Untersuchung zeigt, dass in allen 29 Ländern in Afrika und im Mittleren Osten, in denen Mädchenbeschneidung hauptsächlich praktiziert wird, immer weniger Frauen und Männer die Tradition unterstützen. Deutliche Fortschritte gibt es in Irak, Kenia, Liberia, Nigeria, Tansania und Zentralafrikanische Republik. Doch trotz des Einstellungswandels hat sich laut UNICEF in einigen Ländern wie Ägypten, Dschibuti, Guinea und Somalia in den vergangenen Jahren wenig geändert: Hier werden weiter mehr als 90 Prozent der Mädchen beschnitten. Häufigster Grund für die fortgesetzte Mädchenbeschneidung ist dem Bericht zufolge das Gefühl sozialer Verpflichtung. Die Angst vor Ausgrenzung sei dabei sogar stärker als die Sorge vor Strafverfolgung: In den meisten Ländern ist Mädchenbeschneidung mittlerweile gesetzlich verboten. Der UNICEF-Bericht kommt deshalb zu dem Schluss, dass Gesetze allein zum Schutz der Mädchen nicht ausreichen. Vielmehr müssten möglichst viele Frauen und Männer in den Prozess einbezogen werden, die Tradition zu hinterfragen und offen zu diskutieren. „Denn oft lassen Eltern ihre Töchter beschneiden, weil sie annehmen, dass das erwartet wird – obwohl in mehreren Ländern auch die Mehrheit der Männer gegen Mädchenbeschneidung ist“, heißt es dazu in dem Bericht. |
In dem an den Film anschließenden Gespräch zwischen Dr. Tobe Levin Freifrau von Gleichen, Präsidentin von FORWARD Germany, und Dr. Angelika Köster-Loßack, Vorstand von FORWARD Germany, Politikerin und ehemaliges Mitglied des Menschenrechtsausschusses des Deutschen Bundestags, sowie den Diskussionsbeiträgen aus dem Publikum wurden die Schwierigkeiten im Kampf gegen FGM und deren Folgen noch einmal deutlich. Mädchen zwischen Babyalter und Pubertät bzw. spätestens vor der Heirat werden an den Genitalien beschnitten und verstümmelt. Hierbei spielt es keine Rolle, aus welchem sozialen oder religiösen Umfeld die Menschen kommen, die diese traditionelle Praktik an den Mädchen vollziehen. Dabei sind Schul-, Bildungs- oder Sozialstand der Familien unerheblich. Allen Mädchen ist jedoch Eins gemeinsam: Sie erleiden ein schweres seelisches, wie auch körperliches Trauma. Und noch immer erfährt diese brutale Praktik eine Legitimation, wenn Kulturrelativisten fordern, dass kulturelle Phänomene nur in ihrem eigenen Kontext verstanden und beurteilt werden dürfen, so dass folglich Werte wie Menschnrechte nicht universell gelten. Es muss gelingen, eine Bewusstseinsänderung zu schaffen – bei den Müttern, den Beschneiderinnen, aber auch bei den Männern. Forward Germany setzt sich wie zahlreiche andere Vereine in Deutschland dafür ein, mit Aufklärung und parteiübergreifender Lobbyarbeit dazu beizutragen, dass dieser Teufelskreis durchbrochen wird. Dabei ist man darauf angewiesen, dass die angebotenen Beratungsdienste auch angenommen werden. Wir freuen uns, dass wir mit dem Erlös des Abends (4.000 Euro) die Arbeit von FORWARD Germany unterstützen können. Der Verein wird damit beschnittenen Frauen eine fachgerechte plastische Operation in der europaweit ersten Spezialklinik für Genitalverstümmelung in Berlin-Zehlendorf ermöglichen.
Wir danken allen, die zum Erfolg dieses Abends beigetragen haben, sehr herzlich: Claudia Dillmann, der Hausherrin und Direktorin des Deutschen Filmmuseums Frankfurt, die uns den schönen Kinosaal zur Verfügung gestellt hat; Dr. Ingo Mantzke, Vorstand der schweizerischen Mediengruppe Highlight Communications, zu der auch die Münchner Constantin Film AG gehört, dass er für uns den Kontakt zu Benjamin Herrmann, dem Geschäftsführer der Majestic Film Verleih GmbH und Co-Produzenten des Films, geknüpft hat und damit die großzügige Bereitstellung des Films ermöglicht hat, sowie allen Clubmitgliedern, die hinter den Kulissen für einen reibungslosen Ablauf gesorgt haben.
Ruth M. Nitz
ZC Frankfurt II Rhein-Main
Präsidentin Renate von Köller Fotos © Erhard Metz |
Renate von Köller, Dr. Tobe Levin Freifrau von Gleichen und Dr. Angelika Köster-Loßack (v.l.n.r.) |
Begrüßungsrede unserer Präsidentin