Berichte und Bilder 2015

 

 

Justizministerin Eva Kühne-Hörmann spricht über die Gesetzesnovelle zur Prostitution: Schutz oder (nur) Kontrolle?

 

Als Fortsetzung der ZONTA Veranstaltung vom 23. September 2014 zur Gesetzesnovelle zum Prostitutionsgesetz ist Justizministerin Eva Kühne-Hörmann der Einladung der beiden Frankfurter ZONTA Clubs gefolgt.

Zur Begrüßung stellt Heike Strelow,  Präsidentin Zonta Club Frankfurt II Rhein-Main, die Organisation ZONTA vor und weist darauf hin, dass am Abend auch Spenden für das Mädchen Zufluchtsheim FeM gesammelt werden.

Dr. Caroline Willeke , Präsidentin ZONTA Club Frankfurt am Main, stellt das Thema des Abends in den Zusammenhang der internationalen Kampagne von „ZONTA says NO“ und wirbt um die Unterzeichnung der sogenannten Istanbul Konvention.  Diese fordert eine juristische Nachbesserung insbesondere in Fällen von sexueller Nötigung und Vergewaltigung – auch in Deutschland. 18 von 27 Ländern haben die Istanbul Convention unterzeichnet. Deutschland befindet sich noch in der Prüfungsphase.

Heike Strelow-Meister, Präsidentin Zonta Club Frankfurt II Rhein-Main Dr. Caroline Willeke, Präsidentin Zonta Club Frankfurt am Main

Im Mittelpunkt des Abends am 09. Dezember 2015 in der Heiliggeistkirche in Frankfurt steht der Vortrag von Justizministerin Eva Kühne-Hörmann. Zunächst erklärt sie den Stand des Verfahrens. Es handelt sich bei den bekannt gewordenen Eckpunkten zum Prostitutionsgesetz um nichts weiter als ein „Diskussionspapier“, bzw. einen „Referentenentwurf“ aus dem Hause der Bundesfamilienministerin Schwesig. Dieser sei in der Großen Koalition nicht abgestimmt, das Land Hessen sei derzeit am Verfahren nicht beteiligt.

Justizministerin Eva Kühne-Hörmann

Kühne-Hörmann stellt die Frage nach dem richtigen Weg zum Schutz von Prostituierten und dem Kampf gegen Zwangsprostitution. Hier bestehe Handlungsbedarf. Korrekturen am Prostitutionsgesetz seien durch verschiedene Umstände erforderlich.2002 habe es unter rot/grün zwar eine Neuregelung gegeben, an die sich viele Hoffnungen geknüpft hatten. Man wollte das Selbstbestimmungsrecht der Frauen stärken. Die „Sittenwidrigkeit“ wurde abgeschafft.
Allerdings fiel die erste Evaluation im Jahr 2007 negativ aus. Die kriminellen Begleiterscheinungen hatten sich verstärkt. Gründe dafür sei eine neue Welle von Zwangsprostitution ausgelöst in den Jahren 2004 (Reisefreiheit durch die EU Osterweiterung) und 2007 (Wegfall der Grenzkontrollen zu Ländern Ost- und Mitteleuropa durch das Schengen Abkommen).
Ferner entwickelte sich ein Tourismus der Freier nach Deutschland, da sich in Schweden und Frankreich die Gesetze verschärft hatten.

Soweit der Rückblick. „Pauschale Verbote helfen jedoch nicht,“ erklärt die Ministerin deutlich, da so die Prostitution nur in die Illegalität gedrängt würde. Das sei „kontraproduktiv“.

Die Eckpunkte des Referentenentwurfes sehen eine Meldepflicht beim zuständigen Amt für die Dauer von 2 Jahren vor (für Frauen unter 21 Jahre – Dauer 1 Jahr) Eine entsprechende Bescheinigung muss mitgeführt werden. Es ist möglich, diese anonymisiert auszustellen.

Ferner ist eine Gesundheitsuntersuchung 1x jährlich, (für unter 21 jährige – ½ jährlich) geplant. Auch diese Bescheinigung ist mitzuführen.

Ferner soll eine Kondompflicht eingeführt werden. Freier müssen bei einem Verstoß eine Geldbuße zahlen.
Betreiber von Bordellen wird eine Zulassung bei einer sogenannten Unzuverlässigkeit untersagt. Unter „Unzuverlässigkeit“ werden Vorstrafen, Verstöße gegen BTM, Sexualdelikte, Gewaltdelikte etc. verstanden.

Justizministerin Eva Kühne-Hörmann mit Moderator Dr. Reinhard Müller, Frankfurter Allgemeine Zeitung

Ministerin Kühne-Hörmann sieht einen Diskussionsbedarf. Ihr Anliegen ist es, die Freier mit ins Boot zu bekommen. Wir müssen über „die Verantwortung der Freier nachdenken.“  Es sollte unter Strafe gestellt werden, wer eine persönliche und wirtschaftliche Zwangslage ausnutzt. Der Strafrahmen könnte zwischen 3 Monaten und 5 Jahren liegen. In der Partei und in der Regierung sei das aber umstritten.
Aber es sei auch eine aufklärende Informationspolitik in den Anwerberländern erforderlich sowie Prävention.

Vertreterinnen der betroffen Frauen erklärten, dass sie die geplanten Vorhaben eher als Kontrolle denn als Schutz ansehen. Wenn sich z.B. Frauen eine Wohnung gemeinsam mieten, um der Prostitution nachzugehen, wäre das derzeit ohne große Auflagen möglich. Künftig würde diese Form der Selbstbestimmung der Frauen eingeschränkt. Zusätzlich wurde darauf hingewiesen, dass die Armut, oft Ursache der Prostitution, bekämpft werden müsse.

Abschließend macht Ministerin Kühne-Hörmann deutlich, dass die Diskussion in Berlin im vollem Gange sei und jeder sich dort einbringen könne.

Heike Strelow, Justizministerin Eva Kühne-Hörmann, Dr. Caroline Willeke, Dr. Reinhard Müller

Ein spannender Abend, der deutlich machte, Prostitution geht uns alle an.

 

Dagmar Döring
ZC Frankfurt am Main

 

(Fotos:  Julia Imhoff Fotografie & Design, Wiesbaden)

 

Frankfurter Rundschau vom 11.12.2015

Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 11.12.2015

 

 

 

 

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